Die Story
Die Hauptfigur des Buches ist Rachel Watson, eine Alkoholikerin Anfang 30, die so tief unten ist, dass sie öfter nicht mehr und wenn, dann nur verschwommen weiß, was zwischen dem letzten Glas am Abend und dem Aufwachen am Morgen passiert ist.
Ungewöhnliche Charaktere
Verständnis und Mitleid für ihre Situation und das was ihr im Leben geschehen ist, auf jeden Fall – aber gerade das zeigt uns das Buch doch ganz offensichtlich: niemandes Leben ist perfekt und wir haben alle unser Päckchen zu tragen.
Rachel will sich nützlich fühlen und redet sich selbst in ihren weingetränkten Nächten ein, dass sie anderen eine große Hilfe ist, ja, dass sie Trost spenden kann und für Menschen da sein kann.
Die Menschen in ihrer Umgebung empfinden sie jedoch eher als lästig, als bemitleidenswertes Geschöpf, das allen eigentlich unendlich auf die Nerven geht, mit dem man aber aufgrund seiner weitreichenden Probleme und labilen psychischen Verfassung nicht allzu ruppig umgehen darf.
Nehmen wir zum Beispiel die beiden anderen Hauptcharaktere, Anna und Megan, die ebenfalls aus der Ich-Perspektive erzählen:Anna, die neue Frau ist meiner Meinung nach gewissenlos und vollkommen egoistisch, aber der Gedanke an die Illusion ihres perfekten Lebens und ihres perfekten Mutterglücks lässt sie Dinge tun, die für mich so völlig unverständlich und abstrus sind, dass es mich vor allem gegen Ende wirklich anwidert und absolut schockiert.
Megan hat in ihrem Leben auch einige harte Schicksalsschläge verkraften müssen, was bei ihr aber dazu führte, dass sie keinen Halt in ihrem Leben finden kann, rastlos ist und unglücklich. Selbst ihren eigenen Mann schließt sie von ihrem Seelenleben aus, weil sie glaubt, ihr Geheimnis wäre zu schrecklich, um es überhaupt jemandem anvertrauen zu können. Eigentlich ist sie fürchterlich einsam und versucht so immer wieder, die Leere zu füllen…Aber auch die Männer, selbst die kleine Nebenrolle von Rachels Mitbewohnerin Cathy, die auch nach den krassesten Eskapaden von Rachel nicht in der Lage ist, sie vor die Tür zu setzen und immer wieder einknickt, alle haben Macken, die zumindest mich tierisch nerven.
Der Clou an der Geschichte ist: jeder könnte ab einer gewissen Stelle im Buch für das Verschwinden von Megan verantwortlich sein. Vielleicht hat sie sich auch einfach aus dem Staub gemacht, um ein weiteres Mal vor ihren Problemen wegzulaufen?
Mein Fazit zu Paula Hawkins Girl on the train
Mich hat das Buch sehr zum Nachdenken gebracht.
Kennen wir jemanden eigentlich jemals richtig? Woher wissen wir, ob jemand sich uns voll anvertraut und öffnet oder ob es doch Seiten gibt, die man lieber nicht preisgibt?
Ich bin der Meinung, dass wir alle uns irgendwie nach Idealen sehnen, dass wir Vorstellungen haben, die es in der Realität vielleicht niemals geben kann. Und natürlich versucht jeder, zumindest nach außen die beste Version seiner selbst zu sein.
Am Ende ist es jedoch so: du weißt niemals, was hinter geschlossenen Türen vorgeht. Die Person, die am lautesten lacht, ist doch oft die unglücklichste. Die Person, die oft so stark und unerschütterlich wirkt, wird nachts von Selbstzweifeln und Versagensängsten geplagt.
Vielleicht sollten wir das öfter mal im Hinterkopf behalten, wenn wir mal wieder denken: „Oh wie gut hat XY es doch…“
Andrea
29 September 2016Tolle Review. Ich fand das Buch auch sehr cool. LG, Andrea von mescaleraswelt.blogspot.de
Sooyoona
30 September 2016Ein sehr schönes Review, danke dafür. Dieses Buch steht auch bereits auf meiner Leseliste, aber erst seit ich den Trailer zum Film gesehen habe. Manche Bücher gehen so unter, dass man erst darauf aufmerksam wird, wenn es einen Film dazu gibt.
Saskia
10 Oktober 2016Ja, genauso ging es mir auch und ich wollte es unbedingt lesen, bevor ich den Film schaue 😀